MPEG 4: Übertriebener Hype oder die Zukunft des HDTV?

Das Komprimierungsverfahren MPEG-2 hat sich bekanntlich als Standard für digitale Videoinhalte etabliert. Besonders DVD und Digitalfernsehen kommen ohne dieses Format nicht aus. Doch viele Betreiber von Fernsehstationen wollen auf MPEG 4 umsteigen. Was bedeutet das für uns?

Warum profitiert HDTV von MPEG 4?

Am Computer oder demSmartphone ist der Umgang mit MPEG 4 nichts Neues mehr. Tatsächlich verwenden viele Foto- bzw. Video-Apps schon länger dieses Komprimierungsverfahren. Man könnte nun eine technische Analyse durchführen, in welchen Details der neue Standard dem alten MPEG-2 überlegen ist, aber man kann es auch kurz machen: Bei vergleichbarer Bildqualität (insbesondere hinsichtlich der HD-Inhalte) kommt MPEG 4 mit wesentlich weniger Speicherplatz aus. Und das ist nicht nur für das Streaming im Internet ein schlagkräftiges Argument. Viele Fernsehstationen setzen zukünftig auf das neue Verfahren, was für die Nutzer früher oder später bedeutet, die Hardware austauschen zu müssen.Doch dazu später mehr.

Beim hochauflösenden Fernsehen verlassen wir uns meist darauf, dass über die mit HD gekennzeichneten Kanäle tatsächlich ein echtes HD-Signal gesendet wird. Und die Bildqualität ist auf den ersten Blick auch durchaus beeindruckend. Wer aber ein bisschen tiefer in die Materie eintaucht, stellt Unterschiede fest. So senden die öffentlich-rechtlichen Stationen in Deutschland in der Regel Inhalte in einer Auflösung von 1280 x 720 Bildpunkten. Das gilt natürlich als HD, doch Kenner wissen, dass es besser geht. Das sogenannte FullHD-Signal erfordert 1920 x 1080 Pixel und wird beispielsweise bei vielen Streamingdiensten wie Netflix oder Amazon sowie bei Pay-TV-Kanälen in dieser Auflösung gesendet.

Wobei man erwähnen sollte, dass die Qualität bei den Streamingdiensten normalerweise von der zur Verfügung stehenden Bandbreite des Internetanschlusses abhängt. Erkennen kann man das als User zum Beispiel bei Amazon daran, dass beim Streamen der Inhalte neben dem HD-Symbol noch der Zusatz 1080p erscheint. Trotz schneller Internetverbindung erscheint das Symbol nicht? Dann liegt der Inhalt ggf. nicht in dieser Auflösung vor, das kann insbesondere bei älteren Filmen oder TV-Sendungen der Fall sein und ist kein Grund zur Panik.

Infografik: Streamingdienste im Direkt-Vergleich. Wie unterscheiden sie sich im Kompressionsverfahren, in Auflösung und Datenrate?
Infografik: Streamingdienste im Direkt-Vergleich. Wie unterscheiden sie sich im Kompressionsverfahren, in Auflösung und Datenrate?

Was bringt der Wechsel?

Der Verweis auf die Bandbreite interessiert den Fernsehkunden mit Kabelanschluss oder Satellitenschüssel natürlich zunächst nicht. Doch für die Sendeanstalten spielt die Bandbreite eine gewaltige Rolle. Hochauflösendes Fernsehen benötigt auch intern eine große Bandbreite. Durch den Einsatz von IpMP können Sender bei ihrer Infrastruktur ein wenig tricksen, um Server zusammenzuschalten. Doch letztlich bleibt das Problem, dass ein MPEG-2-Signal so datenintensiv ist, dass maximal 2 HDTV-Kanäle über einen Transponder übertragen werden können.

Digital-TV in Standardauflösung würde bei derselben Bandbreite Raum für bis zu 6 Programme bieten. Somit wird HDTV zum Kostenfaktor für die Infrastruktur, denn Transponderplätze kosten natürlich Geld und sind aus technischen Gründen nur begrenzt verfügbar. Wo liegt nun der Vorteil von MPEG 4?

Mit diesem Komprimierungsverfahren lassen sich bis zu vier HD-Programme auf einem Transponderplatz unterbringen. Bei einer ähnlichen Bildqualität spart man also in etwa die Hälfte an Datenkapazität im Vergleich zu MPEG-2 ein.

Die wichtigsten Vorteile von MPEG 4 im Überblick:

  • hochauflösende Videoinhalte
  • geringer Speicherbedarf (im Vergleich zu MPEG-2 rund 50% weniger)
  • hohe Kompatibilität für die Verwendung im Internet
  • geringere Belastung von Datenvolumen bei mobiler Nutzung
  • zusätzliche Funktionen und Features (Untertitel, Multikanal-Ton etc.) implementierbar
  • bei neuer Hardware in der Regel gute Abwärtskompatibilität
  • Mehr TV Sender auf einem Transponderplatz bei gleicher Auflösung

TV-Sender in Deutschland verwenden meist noch die alten Standards

In Deutschland spielt MPEG 4 bei den meisten Sendern noch keine große Rolle, doch besonders in Afrika und Asien setzen die TV-Sender bereits auf das neue Format. Letztlich wird sich dieser Trend auch bei uns durchsetzen, zumal Russland und Osteuropa den asiatischen Standards schon aus praktikablen Gründen in der Regel rasch folgen. Für den Nutzer bedeutet das, dass er seine Hardware umrüsten muss, wenn er in Zukunft hochauflösendes Fernsehen empfangen will.

Nutzer von Satellitenanlagen haben dabei (wie üblich) das größere Problem, weil sie selbst auf den neuen Standard umrüsten müssen. Kunden von Kabelanbietern bekommen hingegen in der Regel die aktuelle Hardware im Rahmen ihrer Verträge gestellt. Im Moment muss man sich keine Gedanken machen, denn alle wichtigen Programme werden in Deutschland derzeit noch im alten MPEG-2-Format ausgestrahlt. Dort, wo MPEG 4 bereits verwendet wird, steht also immer die Alternative für die ältere Hardware zur Verfügung. Das wird langfristig jedoch nicht so bleiben. Festplattenrecorder, einfache HD-Receiver sowie die eventuell notwendige Satelliten-Hardware muss früher oder später vom Kunden upgegradet werden. Das ist vermutlich mit Mehrkosten verbunden, hat aber durchaus auch Vorteile.

Die TV-Sender profitieren vom Einsatz von MPEG-4 ISO bei HDTV dadurch, dass sie Übertragungskosten einsparen. Immerhin können sie auf einem bezahlten Transponder künftig mehr Kanäle als bisher unterbringen, ohne an der Qualität der Übertragung sparen zu müssen. Im Umkehrschluss bekommt der TV-Zuschauer also letztlich mehr Sender. User, die regelmäßig HD-Inhalte aufzeichnen, profitieren zudem vom geringeren Speicherplatzbedarf auf dem Festplattenrecorder. Die gute Nachricht: Eine schnelle Umrüstung ist vermutlich nicht nötig und Leute, die bereits heute auf die neue Hardware setzen, bekommen abwärtskompatible Geräte, die auch mit dem alten Standard noch bestens zurechtkommen.

In Deutschland spielt MPEG 4 bei den meisten Sendern noch keine große Rolle, doch besonders in Afrika und Asien setzen die TV-Sender bereits auf das neue Format. (#01)In Deutschland spielt MPEG 4 bei den meisten Sendern noch keine große Rolle, doch besonders in Afrika und Asien setzen die TV-Sender bereits auf das neue Format. (#01)
In Deutschland spielt MPEG 4 bei den meisten Sendern noch keine große Rolle, doch besonders in Afrika und Asien setzen die TV-Sender bereits auf das neue Format. (#01)

Was bedeutet MPEG-4 für das Videomarketing im Internet?

Da uns als Anwender im Videomarketing die Probleme von TV-Sendern weniger betreffen, wollen wir noch kurz auf die Konsequenzen für die Ausgabe von Videos im Netz eingehen. Wie bereits erwähnt, sind die meisten modernen Endgeräte wie Smartphones, Tablets und PCs schon heute in der Lage, mit MPEG-4 umzugehen. Das betrifft sowohl das Abspielen als auch das Coding mit einer entsprechenden Software. Falls Sie sich bisher noch keine Gedanken darüber gemacht haben, ob MPEG 4 für Ihr File die richtige Wahl ist, sollten Sie einmal über die Vorteile nachdenken. Denn auch im Netz wird MPEG-4 vermutlich auf absehbare Zeit die alten Standards ersetzen – jedenfalls so lange, bis ein neuer Standard kommt.

Bis dahin erfreuen Sie Ihre Kunden und Fans damit, dass das File eine geringere Größe hat, ohne dass die Bildqualität spürbar leidet. Wenn Sie also einen Kurzfilm produzieren, um ein Unternehmen vorzustellen oder ein Produkt zu bewerben, ist MPEG 4 eine gute Wahl. Gerade bei der Verbreitung in Social Media möchten die Nutzer zwar nach Möglichkeit scharfe HD-Inhalte haben, aber nicht ewig auf den Download warten. Selbst wenn eine ausreichende Bandbreite zur Verfügung steht, ist insbesondere die mobile Datennutzung für die meisten Nutzer noch immer eine Kostenfrage, denn das Datenvolumen wird durch jedes Video natürlich zusätzlich belastet. Und hier spielt MPEG 4 seinen größten Vorteil aus: HD-Qualität bei etwa halber Dateigröße.

Fazit: Kein Grund zur Panik, aber die Umstellung wird sich nicht vermeiden lassen

Für den Zuschauer ist die Umstellung auf MPEG 4 vor allem eine Hardware-Frage. Je mehr TV-Sender ihre Programme in diesem Format ausstrahlen werden, desto zwingender wird der Umstieg auf einen modernen HD-Receiver bzw. Festplattenrecorder, denn der alte Standard wird sicher nicht ewig parallel weitergeführt. Grund zur Panik besteht jedoch nicht, denn MPEG 4 wird flächendeckend noch einige Zeit auf sich warten lassen. Für die Verwendung im Internet und das Erzeugen eigener Videos ist MPEG 4 aber schon heute ideal geeignet, da die meisten Endgeräte problemlos mit diesem Komprimierungsverfahren zurechtkommen und sowohl für den Upload als auch für den Download die Einsparung von rund 50 Prozent der Dateigröße einen großen Mehrwert darstellt.


Infografik: © Schwarzer.de
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