Videomarketing auf Facebook: Wenn das Social Network nur noch Content will

Zugegeben: Facebook wird immer ein soziales Netzwerk bleiben, denn das ist schließlich sein ureigenster Zweck. Doch Facebook durchläuft gerade eine Evolution, an der Vorläufer wie MySpace kläglich gescheitert sind: Neben der sozialen Vernetzung auch eine sinnvoll nutzbare Content-Plattform zu erschaffen, die nicht nur die Nutzer anzieht, sondern auch zahlungskräftige Werbekunden. Für das Videomarketing ist Facebook inzwischen ideal und läuft in vielen Bereichen der eigentlichen Videoplattform YouTube den Rang ab. Wie lässt sich das – mit oder ohne werbefinanzierte Postings – am besten nutzen?

Eine Binsenweisheit setzt sich durch

Schon seit Jahren prophezeien die Kenner der SEO-Szene, dass „Content immer wichtiger“ wird. Dazu muss man nun auch kein Raketenwissenschaftler sein. Entsprang reines SEO in Form von Keyword-Spamming der Tatsache, dass die Suchmaschinen früher einfach dumm genug waren, darauf hereinzufallen, passen sich die Internetportale immer mehr dem an, was der künstlichen Intelligenz vorausgeht: Die Plattformen erkennen sinnvollen Content. Was bei Google immer häufiger zur Verzweiflung bei den SEO-Agenturen führt, ist bei Facebook nicht viel anders.

Zwar suchen die Nutzer hier nichts, sondern stöbern viel mehr in der Timeline bzw. ihrem Newsfeed herum, doch der Content, den sie betrachten, wird vom Algorithmus immer mehr dahingehend interpretiert, was der Nutzer künftig sehen will. Und da schließt sich der Kreis für die Betreiber von Facebookseiten: Denn nur sinnvoller Content mit dem berühmten Mehrwert wird von den Nutzern nicht als Spam weggeklickt. Dass sinnvoller Content allein in Textform nicht mehr ausreicht, ist dem Fortschreiten der Technologie geschuldet.

Früher war die Begrenzung von Bandbreiten bei der Datenübertragung vor allem im Mobilbereich ein Hindernis für Bilder und Videos im Netz. Heute sind Smartphones so schnell wie PCs oder Laptops und können über moderne Datennetze mit LTE und künftig 5G alle denkbaren Inhalte in Echtzeit streamen und darstellen. Dass reine Textinhalte angesichts dieser technischen Entwicklung fast schon Vergeudung wären, ist klar.

Infografik: Video Content - 4 beliebte Content-Arten für Videos.
Infografik: Video Content – 4 beliebte Content-Arten für Videos.

Texte werden von Videos zunehmend verdrängt

Während Twitter noch als textbasierte Social-Media-Plattform eine Sonderstellung einnimmt, eine andere Klientel anspricht und eher dem reinen Informationsaustausch dient, ist Facebook ein echter Tummelplatz für jeden, der Fun, Unterhaltung, Information und geselliges Beisammensein in der Onlinewelt miteinander verbinden will. Die Verknüpfung von Facebook mit Instagram unterstreicht das, denn dort sind Bilder und (kurze) Videos der eigentliche Hit.

Auf YouTube treffen sich vor allem diejenigen, die bestimmte Videos suchen, Anleitungen in Form von Tutorials lieben oder ihren YouTube-Kanälen aus reinem Spaß an der Freude folgen. Private Leute, die nichts verkaufen möchten und auch keinen Wert auf Tausende von Followern legen, teilen ihre Videos lieber gleich auf Facebook oder Instagram, um sie ihren Freunden und der Familie zu zeigen. Dementsprechend liegt der Aufmerksamkeitsfokus auf Schnappschüssen – respektive auf kurzen Videobeiträgen. YouTube erzählt längere Geschichten – hier werden in der Statistik der Auswertung überhaupt erst ab 30 Sekunden Betrachtungsdauer die Zugriffe erfasst.

Zugegeben: Facebook wird immer ein soziales Netzwerk bleiben, denn das ist schließlich sein ureigenster Zweck. (#01)
Zugegeben: Facebook wird immer ein soziales Netzwerk bleiben, denn das ist schließlich sein ureigenster Zweck. (#01)

Bei Facebook kann man das bis auf wenige Sekunden herunterbrechen, da die meisten Leute dort nie länger als ein paar Sekunden auf ein Video schauen, bevor sie im Feed weiterscrollen. Das stellt uns im Videomarketing vor eine größere Herausforderung. Während die meisten Menschen einem Clip auf YouTube die Chance geben, die Aufmerksamkeit zu belohnen, will man bei Facebook und Instagram sofort wissen, worum es geht und warum man sich das ansehen sollte. Das sogenannte visuelle Storytelling hat hier also wesentlich weniger Zeit und muss knackig auf den Punkt gebracht werden.

Digitale Interaktion in Echtzeit ist für Kunden unschätzbar

Facebook bietet für das Videomarketing aber noch etwas anderes, das YouTube nicht oder nur sehr begrenzt bieten kann. Die direkte Interaktion mit den Kunden, die virale Verbreitung über „Gefällt mir“ und „Teilen“ und die Möglichkeit, Verlinkungen beinahe beliebig in ein Videomarketing-Konzept zu integrieren, sind nur einige der Faktoren, die Facebook für Videomarketing interessant machen. Neben der genaueren Auswertung der Zugriffsstatistiken kann man auf Facebook nämlich durch geschicktes Steuern der Zielgruppenauswahl der Seite bzw. einer bezahlten Werbeanzeige sehr viel punktueller und präziser werben als bei einer breit gestreuten Videokampagne auf YouTube. Beides hat seine Berechtigung, ganz klar.

Facebook bietet für das Videomarketing aber noch etwas anderes, das YouTube nicht oder nur sehr begrenzt bieten kann.(#02)
Facebook bietet für das Videomarketing aber noch etwas anderes, das YouTube nicht oder nur sehr begrenzt bieten kann.(#02)

Aber Facebook ist derzeit das Pferd, auf das viele Online-Marketingexperten setzen. Das Argument, dass man Inhalte von YouTube in Facebook mittlerweile quasi nativ teilen kann, ist richtig, doch das sollte nicht zu dem Fehler verleiten, nur für YouTube zu produzieren, denn wie bereits erwähnt funktionieren die Strategien der einen Plattform nur bedingt auf der anderen. Besser ist es, für jede Plattform die spezifischen Stärken und Schwächen genau zu beleuchten und den Video-Content entsprechend anzupassen. Idealerweise sollte man mit dem Storytelling den potenziellen Kunden informieren und inspirieren – wenn möglich zu einer Interaktion mit dem Produkt, dem Unternehmen oder was man nun auch immer mit dem Video erreichen will.

Unterschätzt wird häufig die Wirkung, die ein direkter Dialog hat. Und in diesem Bereich sind Facebook und Twitter unschlagbar, solange man seine Social-Media-Präsenz dort entsprechend pflegt und kompetent, freundlich und vor allem zeitnah auf Fragen, Anregungen und Beschwerden der Kunden eingeht. Ja, das geht eigentlich auch im YouTube-Kommentar. Aber auf Facebook hat man eben auch damit die Chance, das Publikum ebenso viral zu erreichen wie mit dem eigentlichen Clip.

Livestreams und die Auffindbarkeit von Videos

Hinzu kommen die Möglichkeiten des Livestreams. Mit Facebook Live können Sie Ihr Videomarketing direkt interaktiv gestalten. Das ist allerdings nicht für jeden etwas – wer nicht spontan und ohne großes Drehbuch mit Zuschauern direkt interagieren kann oder möchte, sollte von Liveauftritten lieber die Finger lassen oder jemanden engagieren, der das kann. Diese Möglichkeit bietet übrigens Twitter über die Video-Erweiterung Periscope ebenfalls.

Trotzdem hat Facebook mit der „Live“-Option bei den Videos wieder etwas Besonderes geschaffen, denn die Beiträge können (sofern man das nicht in den Einstellungen anders haben möchte) auch über längere Zeit zum späteren Zugriff für die Seitenbesucher präsent bleiben. Inklusive aller Kommentare, die man dann immer noch lesen kann. Nicht immer ist das sinnvoll, denn auf YouTube lassen sich alte Videos schneller und einfacher finden als auf Facebook. Aber es ist eben eine von vielen Möglichkeiten, mit denen man das Videomarketing interessant gestalten kann.

 Mit Facebook Live können Sie Ihr Videomarketing direkt interaktiv gestalten. (#03)
Mit Facebook Live können Sie Ihr Videomarketing direkt interaktiv gestalten. (#03)

Kein Wunder, dass sogar Mark Zuckerberg davon ausgeht, dass ein Großteil von Facebook sich künftig nur noch auf Videos konzentrieren wird. Die bewegten Bilder, die wegen der größeren Verfügbarkeit von ausreichenden Datenvolumen und Uploadgeschwindigkeiten auch für normale User zum Mitteilungsweg geworden sind, könnten geschriebene Texte oder herkömmliche Bildinhalte zumindest teilweise verdrängen. Ob man nun auf Facebook oder YouTube sein Hauptaugenmerk im Videomarketing legt, hängt nicht zuletzt davon ab, was man erreichen möchte.

Für kurzfristige virale Kampagnen, die nur für einen begrenzten Zeitraum interessant sind, ist Facebook ideal. Will man hingegen einen Inhalt zeitlos präsentieren und immer wieder auf unterschiedlichen Plattformen teilen, ist YouTube das Mittel der Wahl. Grund dafür ist, dass YouTube in den vergangenen Jahren quasi zu einer eigenen Suchmaschine geworden ist. Die Verknüpfung von YouTube mit Google trägt weiter dazu bei, dass bei Suchanfragen vor allem solche Videos gefunden werden, die auf dieser Plattform stehen. Während Bilder auch von Facebook angezeigt werden, dürften die meisten Suchergebnisse Facebook-Videos hingegen übergehen. Noch. Denn auch das könnte sich bei einer weiteren Anpassung des sozialen Netzwerks ändern.

Schon jetzt sind die Videos auf Facebook-Fanseiten etwas übersichtlicher geworden und man findet auch mal etwas wieder, das man vor einiger Zeit schon einmal gesehen hat. In der eigenen Timeline oder gar in der Timeline eines anderen Facebook-Mitglieds findet man hingegen nur durch nerviges Scrollen den gesuchten Beitrag wieder, sofern er nur geteilt und nicht direkt vom jeweiligen Nutzer hochgeladen wurde. Doch gerade dann, wenn ein Nutzer das Video eines Unternehmens gut fand und sich daran erinnert, dass es vom Kumpel geteilt wurde, ist die schnelle Auffindbarkeit eher ein Vorteil von YouTube.

Den Umweg über die Facebookseite des Unternehmens machen die meisten schon gar nicht mehr, weil das immer einige Klicks mehr sind als das schnelle Googeln oder das Suchen in YouTube direkt. Die Sichtbarkeit ist für ältere Inhalte dort einfach besser.

Was spricht eigentlich für Videomarketing, abgesehen von der Tatsache, dass die Inhalte von den Nutzern einfacher und schneller konsumiert werden können als ein paar Seiten Text? (#04)
Was spricht eigentlich für Videomarketing, abgesehen von der Tatsache, dass die Inhalte von den Nutzern einfacher und schneller konsumiert werden können als ein paar Seiten Text? (#04)

Wieso müssen es plötzlich immer Videos sein?

Was spricht eigentlich für Videomarketing, abgesehen von der Tatsache, dass die Inhalte von den Nutzern einfacher und schneller konsumiert werden können als ein paar Seiten Text? Gute Videos vermitteln Informationen (also auch Wissen) und wenn sie gut und unterhaltsam gestaltet sind, teilen Menschen lustige, nachdenkliche oder einfach auch schöne Videos umso lieber mit ihren Followern. Es kommt in Sachen Viralität nicht so sehr darauf an, einen guten Werbeslogan zu finden oder das billigste Angebot für ein bestimmtes Produkt zu bieten.

Die guten Videos sind es, die ihren Eingang in das soziale Netzwerkgedächtnis am ehesten finden und manchmal sogar noch Jahre später zirkulieren. Erinnern Sie sich zum Beispiel an die vielen IKEA-Videos, die selbst von Leuten geteilt werden, die noch nie in dem Möbelhaus waren und auch nie hingehen würden? Nun mag man fragen, warum das für Videomarketing dann überhaupt relevant ist – denn schließlich will man ja ein Produkt verkaufen. Aber auch Unbeteiligte teilen Videos und erweitern somit die Reichweite wiederum auf ihr persönliches Netzwerk, in dem sich dann neue potenzielle Kunden tummeln. Das ist für viele Werbetreibende eine neue Situation, auf die sie sich erst einstellen müssen. Denn dass früher jemand einen noch so gelungenen Werbeprospekt mit zur Geburtstagsfeier der Oma nimmt, um ihn dort herumzuzeigen, ist wohl undenkbar.

Bei Facebookvideos ist das völlig normal. Und das bringt uns zum nächsten Punkt: Native Content. Die Menschen möchten aus irgendeinem Grund innerhalb der sozialen Netzwerke nur ungern externen Links folgen. Das ist nicht unbedingt rational begründet, denn für das Nutzungserlebnis am Smartphone oder Tablet spielt es meist keine Rolle, ob der Browser sich kurz öffnet, um ein Video auf YouTube anzuzeigen. Trotzdem scheint es für viele User von Bedeutung zu sein.

Sie möchten lieber ohne Unterbrechung in ihrem Newsfeed scrollen und ein Video „im Vorbeigehen“ ansehen. Autoplay, das zunächst aus Furcht vor knappen Datenvolumen deaktiviert wurde, ist heute oft standardmäßig aktiviert – und bleibt es. Man muss auf diese Weise nämlich nicht einmal mehr den Daumen auf den „Play“-Pfeil drücken, sondern nur kurz beim Scrollen innehalten.

Die hohe Interaktivität wird von den Facebook-Nutzern sehr geschätzt und wenn man das geschickt ins Videomarketing einbaut, lässt es sich lukrativer einsetzen als YouTube. Jedenfalls gilt das für kurze Inhalte mit knackigem Storytelling. (#05)
Die hohe Interaktivität wird von den Facebook-Nutzern sehr geschätzt und wenn man das geschickt ins Videomarketing einbaut, lässt es sich lukrativer einsetzen als YouTube. Jedenfalls gilt das für kurze Inhalte mit knackigem Storytelling. (#05)

Fazit: Das „soziale“ im Netzwerk muss im Videomarketing bedacht werden

Facebook ist eine Fundgrube für vielerlei Informationen, Diskussionen, Interaktionen und mehr. Das Videomarketing dort kann leicht in eine komplette Social-Media-Strategie für das Online-Marketing eingebunden werden. Die Auswertungsmöglichkeiten sind enorm – besonders für Werbetreibende. Die hohe Interaktivität wird von den Facebook-Nutzern sehr geschätzt und wenn man das geschickt ins Videomarketing einbaut, lässt es sich lukrativer einsetzen als YouTube.

Jedenfalls gilt das für kurze Inhalte mit knackigem Storytelling. Tutorials und längere Clips stellt man nach wie vor am besten bei YouTube ein. Für Facebook gilt: In Zukunft wird der Anteil von professionellen und von Laien erstellten Videos dramatisch zunehmen. Diesen Zug sollte man also nicht verpassen.

Im nächsten Teil zu Videomarketing auf Facebook erzählen wir Ihnen, was es konkret mit dem Storytelling in Videos auf sich hat. Dann verstehen Sie besser, warum manche Videos funktionieren und andere nicht.


Infografik:©Schwarzer.de
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