YouTube Watchtime: Wie Sie mit “Kevin Costner” Ihre YouTube Wiedergabezeit erhöhen

“Jede Sekunde zählt” ist einer der guten US-Action-Abenteuerfilme aus dem Jahr 2006. Regisseur Andrew Davis und Kevin Costner ließen hier einige erinnerungsträchtige Zitate vom Stapel. “Jede Sekunde zählt” ist aber auch das Credo der YouTuber, wenn es darum geht, maximale YouTube Watchtime aus dem Clip herauszuholen. Man kann nämlich ganz gezielt die YouTube Wiedergabezeit erhöhen, auch wenn daran schon so mancher verzweifelt ist.

YouTube-Watchtime: ein Parade-Beispiel gefällig?

Wann haben Sie zuletzt einen YouTube-Clip gesehen, von dem Sie nicht lassen konnten, bis er ganz und gar verschlungen war? Ja, die gibt es und man versteht es selbst kaum, wie das geschehen kann. Weiter unten im Artikel erklären wir in einem YouTube-Clip, wie man genau diesen Effekt erreichen kann.

Casey Neistat und sein einfaches Rezept: “Make it count!”

Jetzt aber schauen wir uns einen Klassiker an, der genau dieses Prinzip perfekt umsetzt. Ich jedenfalls finde, dass es einer der besten YouTube-Clips ist, die je produziert wurden. Lassen Sie den Clip in Ruhe auf sich wirken. Er ist nur 4:37 Minuten lang und serviert Spannung pur.

“How do I make it count, Mr. Neistat?”

Es ist tatsächlich nicht nur mir so ergangen. Hillier Smith war auch ziemlich geflasht von diesem Clip und er hat sich nicht nur die Mühe gemacht, den Clip zu analysieren, das Konzept von Casey Neistat in seine Bestandteile zu zerlegen und die Komposition Element für Element zu dokumentieren – er hat daraus auch einen Video-Clip produziert.

Den Clip habe ich hier ebenfalls zum Anschauen reingesetzt. Bitte ansehen: die 13:53 Minuten sind es wert. Danach sprechen bzw. lesen wir weiter.

Was nehmen wir aus beiden Clips mit?

Eines muss uns bewusst sein: so wie Peter Heppner auch das Telefonbuch vorsingen und damit Awards abräumen könnte, so erhält Casey Neistat mit seinem seeehr markanten Gesicht auch genügend Vorschusslorbeeren. Doch es gibt einige wichtige Techniken, die er sehr perfekt und gezielt einsetzt – und die sich auch bei eigenen Videos perfekt einsetzen lassen.

  1. “Jede Sekunde zählt”
    Der Satz ist uns eingangs begegnet. Er ist entscheidend, denn wenn wir einen Video-Clip produzieren, muss jede Sekunde den Zuschauer nicht nur unterhalten, sie muss fesseln. Dazu zählt, dass jede Sekunde etwas “Neues” und “Wichtiges” per Bild oder Ton an den Zuschauer gesendet werden muss. Dazu zählt, dass alle “nicht ganz so wichtigen Dinge” aus dem Clip herausgeschnitten werden müssen. Das sind nämlich die Stellen, an denen der Zuschauer plötzlich ein kurzes Abflachen des Spannungsbogens spürt – und sofort mit Wegklicken reagiert.
  2. “Neugier schüren”
    In jeder Szene muss eine Folgeszene angekündigt werden. Der Zuschauer muss diese Folgeszene auch noch sehen wollen. Wer nur seinen Text abspult, verpasst die Chance, den Zuschauer auf Stellen im Mittelteil und am Ende neugierig zu machen. Wenn der Zuschauer gewusst hätte, was der Clip noch an Highlights zu bieten hat – er wäre glatt geblieben…!
  3. “Make it Different”
    Geben Sie dem Zuschauer schnell das Gefühl, dass Sie hier etwas anders machen als andere. Der Hauch des Fremdländischen zieht den Zuschauer in den Clip. Casey Neistat hat mit Typographie gespielt, um das zu erreichen: viel Raum im Bild wird dem Text als Bühne zur Verfügung gestellt. So wie am Anfang zum Erzählen der Geschichte. Dies ist Platz, der sonst Bildern und Schauspielern vorbehalten bleibt. Und er hat mit einem Tabu gebrochen: er hat das Budget des Kunden nicht für die Filmproduktion verwendet, sondern für eine einzige Reise ausgegeben – er macht sein eigenes Ding. Das macht mehr als neugierig, die ganze Story zu erfahren.

YouTube Wiedergabezeit erhöhen: 3 Beispiele, einzeln erklärt

Gerade sprachen wir darüber, wie man den Clip anders gestalten kann als andere Clips, um den Zuschauer neugierig auf mehr zu machen. Hier möchte ich drei Beispiele vorstellen und erklären, welche Techniken dort eingesetzt werden und warum diese funktionieren.

Beispiel #1: “Der Burger, den es nicht auf der Karte gibt”

Dieser Clip erzeugt bereits auf dem Thumbnail “Neugier”. Ein Burger, den es “nicht auf der Karte gibt”? Der muss ja etwas besonderes sein. Denn will man kennenlernen! Und schon ist man in die Geschichte hineingezogen. Das Storytelling ist es tatsächlich, was die Spannung im Clip aufbaut und aufrecht erhält. So lässt sich die YouTube Watchtime verlängern und die Wiedergabezeit erhöhen.

  1. Der Moderator “Tibet” holt den Zuschauer ab und verstärkt die Neugier auf den Burger und fordert den Zuschauer auf, mitzukommen.
  2. Die Zutaten werden einzeln vorgestellt.
  3. Die Zubereitung auf dem Grill wird so eindringlich gezeigt, dass man ihn förmlich riechen kann – und besitzen will!
  4. Wenn “Tibet” den Burger verzehrt, fühlt man sich wie ungezwungen unterwegs mit Freunden. Man betrachtet keinen Film im TV, man lebt bereits im Video. Und Tibet bricht mit Tabus, indem er den Burger einfach so ißt, wie er es möchte. Er schafft seine eigenen Regeln. Das möchte jeder gerne. Es macht interessant und weckt Begierden.
  5. Der Restaurantbesitzer wird interviewt und schafft Nähe und Vertrautheit mit dem Zuschauer, sammelt die Sympathien der Audience ein, wenn z.B. vom Brotkaufen beim Mainzer Kultbäcker erzählt wird.

Mit einer maximalen Wiedergabezeit von 9:55 Minuten ist der Clip sehr lang. Dennoch war der Clip mit einer extrem guten mittleren Watchtime überaus erfolgreich. Er brachte mehrere Hundert Gäste ins Lokal, welche alle den Burger bestellten, den es nicht auf der Karte gibt. Der Burger wurde übrigens später auf die Karte gesetzt…

Hatte ich erwähnt, dass wir bei schwarzer.de den Clip produziert haben? Okay, das hole ich hiermit nach.

Beispiel #2: Text als unverwechselbares Stilelement

Wer Text vorträgt, muss gut sein. Sonst kann man die Spannung nicht erhalten. Wenn man den Text jedoch in das Bild integriert wie im nachfolgenden Beispiel-Clip, kann man mit dem gleichen Text sogar ein unverwechselbares und wiedererkennbares Stilelement unterbringen.

Der Beispielclip setzt das Element so stark ein, dass man oft vom Bild weg und hin zur Schrift gezogen wird. So erging es mir jedenfalls. Beobachten Sie mal sich selbst. Sobald man von der Schrift eingefangen ist, “klebt” man im Film drin… Und die Wiedergabezeit läuft und läuft…

Bei diesem und dem nächsten Beispiel-Clip stimmen gezeigter Text und gesprochenes Wort stets überein. Beim Beispiel des Casey Neistat wurde der gezeigte Text nicht im Ton wiederholt.

Anmerkung: den Inhalt des Videos bitte einfach mal ausblenden und während der ganzen Watchtime nur auf die Wirkung der Schrift achten.

Spannende Frage: wieviel Watchtime hatten Sie? Der Clip ist 10:01 Minuten lang. Wenn Sie mehr als 7 Minuten gesehen haben, dann können Sie verstehen, wie stark Typographie im Film wirken kann.

Beispiel #3: Text als selbständiger und “catchy” Darsteller

Vorsicht bitte! Dieser Beispiel-Clip setzt Schrift sehr “laut” ein. Das Stilelement tritt so massiv auf, dass man sich ihm kaum entziehen kann.

Der Text tritt hier als Schauspieler, als Darsteller auf. Es geht in den Bereich Motiongraphics rein, denn der Text erhält über angefügte Animationen und Effekte eigenes Leben, strahlt Emotionen aus. Ich rede jetzt nicht von den gezeichneten und wohlproportionierten Damen. Diese bitte ich auszublenden, was nicht immer leicht ist… sorry, ich bin sehr ehrlich.

Jedes Textelement betritt unterschiedlich die Bühne, führt dort Bewegungen aus, verlässt die Bühne auf verschiedene Weisen. Natürlich bewegt sich der “Darsteller Text” synchron zur Musik. Doch wenn Sie den Ton mal ausschalten, werden Sie sofort erkennen, wie lebendig Text dort inszeniert wurde.

Jede Sekunde zählt – auch hier. Der Schnitt ist sehr schnell, fast etwas zu schnell. Die Musik gibt den schnellen Schnitt vor, der Darsteller kann sich nicht immer auf der Bühne entfalten. Doch mir als Zuschauer zeigt sich ein fantastisches Schauspiel in der Szenenfolge.

Kommen Sie auch auf 04:13 Minuten Watchtime? Es sollte mich nicht wundern. Wie ist das auf Ihr Thema übertragbar? Erklärungsbedürftige Produkte der Industrie verlangen einen ernsthafteren Kontext – das ist klar. Doch warum sollte man einen langweiligen Zeichentrick-Erklärfilm produzieren, wenn man auch einen spannungsgeladenen Clip haben kann, der Text als Storyteller einsetzt?

Auch interessant: der Text inszeniert “Verlangen”. Würde man sich fragen, wie man mit Text “Verlangen” inszenieren könnte, müsste man sicherlich länger nachdenken. Die Umsetzung in diesem Clip ist schlichtweg perfekt zu nennen.

Es dürfte die Wiedergabezeit verlängern und das Produkt nachhaltig in der Erinnerung des Zuschauers einbrennen.

Häufige Fragen zum Thema

Uns erreichen jede Woche Mails mit Fragen rund um YouTube-Clips und wie man sie am besten produzieren sollte. Hier habe ich einige der häufigsten und beliebtesten Fragen zusammengestellt und beantwortet.

Was ist eine gute Watchtime?

Eine gute Watchtime ist 60% bis 70% des gesamten Videos. Watchtime wird oft als Synonym für die Zuschauerbindung benutzt. So benennt YouTube den KPI “Wieviel Prozent des gesamten Videos betrachten Deine Zuschauer im Schnitt?”. Je höher die Watchtime bzw. die Zuschauerbindung ist, um so mehr gefällt das Video der Audience, den Konsumenten. Je höher die Zuschauerbindung, umso mehr Relevanz weist YouTube dem Video zu und umso besser fällt das Ranking des Videos in der YouTube-Search aus. Da gibt es eine direkte Korrelation. Und: je besser den Zuschauern das Video gefällt, umso mehr Gefällt-mir-Angaben und Thumbs-Up wird es geben. Und das zahlt auch wieder auf das Ranking in der YouTube-Search ein.

Nebenbei wird mit Watchtime auch die Wiedergabezeit aller Videos in einem Zeitraum bezeichnet. Das ist eigentlich etwas anderes, aber die Abgrenzung im Sprachgebrauch ist da nicht ganz sauber.

Was ist die Wiedergabezeit bei YouTube?

Wiedergabezeit ist der KPI (Key Performance Indikator), an dem YouTube die Akzeptanz Deines Clips im Publikum abliest. Sie wird in Prozent gemessen und gibt wieder, wie viel Prozent des Clips – bezogen auf die gesamte Cliplänge – Zuschauer im Mittel betrachten, bevor sie wegklicken. Ist die Wiedergabezeit grottig, wird YouTube den Clip in den Tiefen seiner Cloud verstauben lassen. Ist die Wiedergabezeit
sehr hoch, hat der Clip gute Chancen, von YouTube in der Search weit vorne gerankt zu werden und auch in der Empfehlungsliste angeboten zu werden. Es ist einer der wichtigsten Indikator für den Erfolg des Clips.

Was ist eine gute Zuschauerbindung?

Die Zuschauerbindung zeigt, wie viel Prozent des gesamten Videos die Zuschauer in der Audience angesehen haben. Der Wert der Zuschauerbindung ist je nach Cliplänge unterschiedlich. Bei Clips bis 2 Minuten Länge liegt die Zuschauerbindung im Mittel bei 30%.

Wenn Sie wissen möchten, wie man Ihre YouTube-Clips auf Performance trimmen kann… Rufen Sie mich jetzt an: +49 6131 / 30 292-13

Ihr Hans-Jürgen Schwarzer