Audio Encoder im Vergleich

Audio Encoder werden im Vergleich zu Videocodecs oder Containerformaten kaum genauer betrachtet, weil man im Zweifel einfach ein MP3-Codec verwendet. Wer jedoch Multikanal-Bearbeitung möchte, kommt damit schon nicht mehr aus.

Qualität versus Speicherplatz

Die digitale Speicherung von Sounddateien (insbesondere von Musik) macht erst Sinn, seit es Komprimierungsverfahren wie MP3 bzw. LAME gibt. Zuvor hat man nur kleinere Soundhappen zur Verwendung als Effekte auf Computern gespeichert, denn die Erfassung als Rohdaten im WAV-Format fraß einfach zu viel Speicherplatz. Die eigenen CDs in dieser Form auf den Rechner zu speichern, machte keinen Sinn. Als das Codec schließlich auf den Markt kam, gab es plötzlich eine Möglichkeit, Sounddateien in guter Qualität bei nur rund einem Zehntel des originalen Speicherplatzbedarfs zu erzeugen. In der Folge kamen weitere Formate hinzu (z. B. WMA von Windows), die alle mehr oder weniger für ähnliche Zwecke geeignet sind. Manche legen einen größeren Schwerpunkt auf die Qualität, andere optimieren den Speicherbedarf oder zeichnen sich durch weitergehende Verwendungsmöglichkeiten (z. B. in Hörbüchern oder mit Multikanal-Einstellungen für 5.1-Raumklang) aus.

Mittlerweile ist LAME in die Jahre gekommen und die Konkurrenz schläft nicht. Wer nun vor der Wahl steht, Sounddateien komprimieren zu müssen, sollte sich zunächst überlegen, ob dieser Schritt wirklich immer nötig ist. Auch wenn die meisten menschlichen Ohren den Qualitätsverlust moderner Kompressionsverfahren kaum wahrnehmen können, ist insbesondere bei der Verwendung von Videomaterial die Frage nach dem Verfahren mit der Original-Tonspur von Belang. Behält man diese unverändert bei, bleibt die hohe Qualität auf jeden Fall bei der weiteren Bearbeitung erhalten – wird sie jedoch in ein anderes Format überführt bzw. transcodiert, gibt es Qualitätseinbußen.

Infografik: Audio Formate - Welches Format für welchen Zweck?
Infografik: Audio Formate – Welches Format für welchen Zweck?

Wir möchten die wichtigsten Audio-Encoder mit ihren Eigenschaften kurz vorstellen, denn wie üblich gibt es aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten und Anwendungsgebiete keine pauschalen Empfehlungen. Ein Video mit dem Mitschnitt eines Klassik-Konzerts in hoher Qualität benötigt sicher eine andere Herangehensweise als ein einfacher Podcast, der mit dem Smartphone-Mikrofon aufgezeichnet wurde. Außerdem spielt die Kompatibilität beim Abspielen eine große Rolle – wer möchte, dass möglichst viele Nutzer die Inhalte abspielen können, sollte keine allzu exotischen Formate wählen.

Die wichtigsten Audio Encoder im Überblick:

  • LAME
  • AAC: Nero bzw. Apple Quicktime
  • Vorbis
  • FLAC

LAME: Der Audio Encoder für MP3

Fast keine Software für Audioencoding kommt ohne LAME aus. Obwohl es andere Lösungen für Dateien mit dieser Endung gibt, gilt LAME seit Jahren als eines der stabilsten Codecs. Für Nutzer hat es sich bewährt, trotz der diversen Einstellmöglichkeiten nicht mit den vielen Optionen herumzuspielen. Verwenden Sie einfach die Standardeinstellungen, die für Ihr Vorhaben am besten geeignet sind. Obwohl viele Nutzer sich sehr in die Materie einlesen und glauben, besondere Verbesserungen der Qualität durch Herumbasteln an den Optionen zu erzielen, kann man davon ausgehen, dass solche Qualitätsverbesserungen längst so weit wie möglich in den Standardeinstellungen berücksichtigt werden. Für die gängigsten Einsatzgebiete gibt es diverse Konfigurations-Empfehlungen, auf die wir hier aber nicht weiter eingehen wollen. Unter dem Strich bleibt LAME bisher der wichtigste Audio Encoder auf dem Markt. Aufgrund von derzeit noch laufenden Patenten ist er aber nicht immer ohne Lizenzgebühren zu implementieren. Profis bei der Soundbearbeitung sehen den größten Nachteil von LAME in der Begrenzung auf Stereo. Das ist für Normaluser aber in der Regel nicht von Belang. Mit der klassischen Bitrate von 128 kbit/s ist das MP3-Codec nach wie vor eine sehr gute Wahl im Hinblick auf Qualität und Speicherbedarf.

AAC: Multikanal und niedrige Bitraten

Besonders dann, wenn man mehrere Tonkanäle verarbeiten will, kommt LAME an seine Grenzen. Mit dem MPEG-4 Audio-Codec AAC hat man mehr Möglichkeiten. Zudem kommt dieses Verfahren sehr gut mit niedrigen Bitraten zurecht, ohne dabei einen ähnlich großen Qualitätsverlust zu erzeugen wie .mp3. Wer MPEG-4 bzw. AAC verwenden will, greift in der Regel auf einen der großen kommerziellen Audio Encoder zurück, da diese sich sehr bewährt haben.

Audio Encoder für AAC bieten die Möglichkeit, sehr hochwertige Multikanal-Abmischungen zu erzeugen (bis zu 6 Kanäle sind möglich), die mit Bitraten von bis zu 250 kbit/s eine sehr gute Qualität haben. Wir der Speicherplatz knapp, hört es sich aber auch mit einer 128er Bitrate immer noch gut an (und das bei sechs Kanälen, wohlgemerkt). Während bei anderen Formaten normalerweise vor allem Open Source-Projekte zum Einsatz kommen, wird bei AAC zumeist ein Audio Endocer von Apple oder Nero verwendet, die wir kurz getrennt beleuchten werden:

Apple Quicktime

Am bekanntesten ist vermutlich Apple Quicktime, das unter Windows eher als Ärgernis gesehen wird, für Nutzer von Apple-Geräten aber unverzichtbar ist. Speziell für Benutzer, die auf AAC setzen, ist Quicktime aufgrund seiner aktuell gehaltenen Entwicklung eigentlich immer eine gute Wahl. Wen die Verwendung der Quicktime-Oberfläche zu sehr nervt, kann unter Windows inzwischen auch Kommandozeilenbefehle nutzen, um den Audio Encoder zu verwenden. Hierfür muss er lediglich das Tool Qaac installieren.

Besonders dann, wenn man mehrere Tonkanäle verarbeiten will, kommt LAME an seine Grenzen. (#01)
Besonders dann, wenn man mehrere Tonkanäle verarbeiten will, kommt LAME an seine Grenzen. (#01)

Nero AAC-Codec

Der zweite der großen AAC Audio Encoder ist das Nero AAC-Codec. Besonders bei der Videobearbeitung ist er sehr verbreitet, weil er bei der Vorstellung 2006 als Mutikanal-AAC-Encoder alternativlos war. Die gute Qualität und die große Beliebtheit haben dafür gesorgt, dass die meisten Tools dieses Codec problemlos unterstützen. Das Nero AAC wird im Gegensatz zu Quicktime aber nicht mehr ständig auf dem Laufenden gehalten – die neuesten Versionen haben häufig schon einige Jahre auf dem Buckel. Es muss also gefragt werden, ob das Nero AAC in Zukunft noch unterstützt wird.

Vorbis

Vorbis ist als patentfreier Audio Encoder von geringerer Bedeutung, man findet das Format OGG aber trotzdem häufig bei Projekten, bei denen eine hochwertige Multikanal-Unterstützung erwartet wird. Der eigentliche Encoder libvorbis wird von den meisten Implementierungen verwendet. Wer mit AAC nicht zurechtkommt oder einfach eine Open Source Alternative möchte, der kann zum Codieren von 5.1-Soundprojekten durchaus zu Vorbis greifen. Allerdings geht es mit der Qualität unterhalb von 250 kbit/s deutlich nach unten – für geringere Bitraten bleibt AAC in der Regel die bessere Wahl.

FLAC

Das Free Lossless Audio Codec ist für Nutzer interessant, die eine sehr große Tonspur (z. B. Audiospuren von Blurays) auf ein kleineres Speichermaß herunterbringen möchten. Einen Qualitätsverlust gibt es dabei nicht. Der Einsatz von FLAC als Converter macht aber nur Sinn, wenn die Ausgangsquelle selbst nicht verlustbehaftet ist, denn die Dateigröße ist im Verhältnis zu verlustbehafteten Alternativen bei FLAC einfach sehr groß. Als Möglichkeit zur Reduzierung von unkomprimierten Audiospuren ist es jedoch durchaus empfehlenswert.

Fazit: Für viele Einsatzbereiche gibt es gute Lösungen für Audioencoder

Es ist schon bezeichnend, dass man in Sachen Video– und Audiobearbeitung selten eine pauschale, einfache Empfehlung für jeden geben kann. Trotzdem lassen sich die generellen Vorgaben auf die meisten Nutzergruppen verteilen. Wer freie Audio Encoder bevorzugt, die multikanalfähig sind und sehr gute Qualität bieten, kommt mit Vorbis oder FLAC gut zurecht (FLAC eignet sich aber nur für verlustfreie Quelldateien). Die kommerziellen AAC-Codecs von Nero und Quicktime erfüllen hingegen fast alle Wünsche an moderne Multikanal-Encoder, wobei Nero aber in absehbarer Zeit immer seltener aktualisiert werden dürfte. Am Ende steht das gute alte LAME, das immer noch eine sehr gute Qualität/Speicherplatz-Ratio bietet. Der größte Nachteil ist jedoch, dass dieser Audioencoder auf Stereo begrenzt ist, was heute als nicht mehr zeitgemäß empfunden wird.


Infografik: © Schwarzer.de
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